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Heavy Rain - Heavy Review!

Es ist endlich da! Passend zum miesen, regnerischen Wetter in Deutschland ist Heavy Rain endlich bei uns in den Ladenregalen angekommen und wartet sehnsüchtig darauf von euch gekauft zu werden. Doch ob sich die Investition in den vorab hochgelobten Exklusivtitel für die Playstation 3 auch wirklich lohnt, erfahrt ihr in unserem ausführlichen Moraldiskurs über das emotionale Schwergewicht aus dem Hause Quantic Dream. Eins ist jedenfalls schon mal klar: Wo David Cage drauf steht, ist auch David Cage drin.

Bevor ihr euch also auf mein philosophisches Abenteuer einlasst, möchte ich vorab ein paar mahnende Worte an euch richten. Ihr werdet hier keinen, ich wiederhole KEINEN Test vorfinden, der die halbe Story von Heavy Rain spoilert und so dem Spiel die ganze Spannung nimmt. Das wäre in etwa genauso schlimm wie sich einen Film mit einem Freund anzugucken (der den Film natürlich schon gesehen hat), der mir bei jeder aufregenden Szene gefühlvoll seinen Ellbogen in die Niere rammt und sagt: „Pass auf, gleich wird’s spannend...oh mein Gott! Jetzt passiert es...guck hin!!!! Aahhh!!“ - Ihr wisst was ich meine oder?

Heavy Rain - Screenshots
Viel mehr geht es mir darum, die tiefen Eindrücke, die Heavy Rain bei mir hinterlassen hat, zu Wort zu bringen und darauf einzugehen, ob sich mir dabei etwaige Hindernisse á la Steuerung, Quick Time Events, etc. in den Weg gestellt haben. Auch braucht ihr bei mir keinen detailreichen Technik-Check erwarten, denn ein Titel, welcher selbst die nahezu perfekte Gesichtsanimation von Mass Effect 2 toppt, bedarf meiner Meinung nach keiner weiteren Erläuterung.

Heavy Rain - Screenshots
Na dann hoffe ich mal, dass wir uns einig sind. BlueRay eingelegt und Film ab! Doch bevor es losgeht muss Heavy Rain erst auf die Festplatte kopiert werden, wobei die Installation (ca. 4GB) gerade mal 8 Minuten dauert und euch während dessen in 12 leicht verständlichen Schritten erklärt, wie man aus Papier einen wunderschönen Kranich zusammenbasteln kann, quasi ein Origami-Crashkurs für Anfänger.

DIE KURZ UND KNACKIGE STORYÜBERSICHT



  • Heavy Rain spielt im Jahr 2011 in einer fiktiven Stadt irgendwo an der Ostküste von den Vereinigten Staat

  • Seit 2008 treibt dort ein Serienmörder mit dem Spitznamen „Origami-Killer“ sein Unwesen und bis jetzt sind ihm schon 8 Kinder zum Opfer gefallen

  • Er entführt ausschließlich männliche Kinder, welche nach 4 Tagen ertränkt in einer Wasserpfütze aufgefunden werden

  • Die einzigen Hinweise, die er am Tatort hinterlässt sind eine Origami-Figur und eine Orchidee

  • Shaun Mars, Sohn von Ethan Mars (einer der spielbaren Charaktere) wird vom Origami-Killer entführt und ihr habt im Spiel 4 Tage Zeit ihn zu finden

  • Ihr spielt abwechselnd Ethan Mars, Madison Page, Norman Jayden und Scott Shelby, wobei alle vier Protagonisten theoretisch sterben können (ich habe es nur geschafft, dass drei bei mir das Zeitliche gesegnet haben)

  • Als Ethan Mars (indirekter Hauptcharakter) müsst ihr euch fünf Prüfungen stellen (u.a. die Fingerabschneid-Szene) und für jede bestandene Prüfung erhaltet ihr jeweils eine Origami-Figur auf der Buchstaben einer Adresse stehen, die euch zu eurem Sohn führt


Heavy Rain - Charaktere
Name: Ethan Mars
Alter: ungefähr Mitte 30
Beruf: Architekt
Darsteller: Pascal Langdale
Merkmale: hat vor zwei Jahren den älteren der beiden Söhne bei einem tragischen Autounfall verloren // leidet unter starken Depressionen // psychisch sehr labil // hat immer wieder harte Blackouts
Heavy Rain - Charaktere
Name: Madison Paige
Alter: 27
Beruf: Journalistin
Darsteller: Jacqui Ainsley
Merkmale: leidet unter Schlaflosigkeit und wird von Alpträumen heimgesucht // bei der Animation ihres prachtvollen Hinterteils, haben sich die Entwickler anscheinend besonders viel Mühe gemacht // sucht nach DER Story, um ihre Karriere voran zu treiben


Heavy Rain - Charaktere
Name: Norman Jayden
Alter: wahrscheinlich Anfang 30
Beruf: FBI Profiler
Darsteller: Leon Ockenden
Merkmale: benutzt modernste Technologie, ARI (Added Reality Interface) // Triptocaine-abhängig // Ähnlichkeit mit Fox Mulder (David Duchovny)
Heavy Rain - Charaktere
Name: Scott Shelby
Alter: 45
Beruf: Privatdetektiv
Darsteller: Sam Douglas
Merkmale: Asthmatiker // trinkt gerne mal einen kräftigen Schluck Whisky // zynisch // hat 20 Jahre für die Polizei gearbeitet bevor er Privatdetektiv wurde


HÄTTE, WENN UND ABER WÄREN WIR ALLE MILLIONÄRE!


Heavy Rain - Screenshots
Neben der zutiefst philosophischen und schlafraubenden Leitfrage, wie weit man denn jetzt tatsächlich gehen würde um Jemanden zu retten den man liebt, muss man sich glücklicherweise nicht auch noch mit der Frage quählen: „Was wäre wenn gewesen?“ Für diesen Fall hat Quantic Dream ein sehr nützliches Kapitel-Feature eingebaut, bei dem ihr nicht nur zwischen den einzelnen Sequenzen hin und her schalten könnt, sondern auch die Wahl habt, ob ihr den Spielfortschritt speichern möchtet, womit sich der Spielverlauf ändert.

Heavy Rain - Screenshots
Soll heißen, ihr müsst nicht unbedingt nochmal ganz von vorne anfangen, wenn euch der Ausgang eines bestimmten Kapitels nicht gefallen hat, sondern macht einfach dort weiter, wo ihr meint den Verlauf der Geschichte vehement beeinflussen zu können. Denn nicht das Spiel lenkt euch, statt dessen lenkt ihr das Spiel – wie und ob ihr überhaupt den Origami-Killer finden und Shaun Mars retten könnt liegt ganz allein in euren Händen.


NICHTS FÜR BEWEGUNGSLEGASTHENIKER


Heavy Rain - Screenshots
Die Steuerung war schon Wochen bevor das Spiel überhaupt erscheinen würde ein heiß diskutiertes Thema, als es hieß, man müsse die rechte Schultertaste gedrückt halten, um seinen Protagonisten zu bewegen. Viele Redakteure ließen sich in diversen Artikel und PS3-Besitzer in verschiedenen Foren darüber aus, wie umständlich diese Handhabung doch sei und diese nur unnötig den Spielspaß drücken würde. Wenn ihr mich fragt - Viel Lärm um Nichts!

Heavy Rain - Screenshots
Denn nach einer relativ kurzen Eingewöhnungsphase geht die Steuerung in Fleisch und Blut über und ab einem bestimmten Zeitpunkt merkt man schon gar nicht mehr, dass man die R2-Taste gedrückt hält. Okay – ich muss wenigstens so ehrlich sein und vielleicht dazu sagen, dass ich schon des Öfteren vergessen habe die Schultertaste zu betätigen, weshalb ich mich lediglich verwirrt umschaute, wie ein gefoppter Showkandidat der verzweifelt nach versteckten Kameras sucht.

Heavy Rain - Screenshots
Apropos Kamera - ihr könnt fast zu jeder Zeit per L1-Taste die Kameraperspektive ändern und so aus verschiedenen Winkeln in Ruhe eure Umgebung auskundschaften. Und solltet ihr über kurz oder lang an einen Punkt gelangen, bei dem ihr absolut nicht mehr weiter wisst (was nur selten passieren dürfte), dann könnt ihr mit L2 eure Gedanken abrufen und eine Art Eigendialog mit eurem Charakter führen und bekommt so nützliche Tipps, wie ihr am Besten weitermacht.


QUICK TIME EVENTS NOCH UND NÖCHER


Noch so ein heikles Thema war im Vorfeld die Befürchtung, dass zu viele Quick-Time Events den Spielfluss stören und manch einen PS3-Laien gnadenlos überfordern könnten. Dem ist allerdings nicht so, da

a) die Events meistens nur in spannenden Szenen (z.B. Verfolgungsjagd, Schlägerei, etc.) verwendet werden, um so die Atmosphäre, im positiven Sinne, anzuheizen und

b) man direkt zu Beginn des Spiels gefragt wird, wie gut man sich im Adventure-Metier auskennt, womit der Schwierigkeitsgrad der Quick Time Events festgelegt wird


Heavy Rain - Screenshots
In dieser Szene heißt es: Drücken bis der Arzt kommt!
Quicktime-Events sind meines Erachtens nach eine Art Dr. Kawashimas Gehirnjogging für Menschen die unter akuten Hand und Augen Koordinationsstörungen leiden. Also wenn ihr rein theoretisch gesehen, gefühlte 1000 Stunden Hardcore-Quicktime-Event-Button-smashing auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad praktiziert, könnt ihr zwar nicht wie Peter Parker irgendwann die Wände hochlaufen, aber zumindest habt ihr dann ähnlich schnelle Reflexe wie der Spinnenmann. Und außerdem wird nicht jeder Fehler, wie bei anderen Quicktime-lastigen Titeln, aufs äußerste bestraft, sondern ihr könnt die betreffende Szene trotz Tasten-Verdrücker beruhigt zu Ende bringen.

RETURN OF THE FINGERABSCHNEID-SZENE


Nach zirka drei Stunden Spielzeit war es endlich soweit 'DIE FINGERABSCHNEID-SZENE IS BACK!' (wir berichteten in unserem Presse Tour Special darüber) Es war an der Zeit meinen Mann zu stehen und die Säge auszupacken, aber wer hätte denn ahnen können, dass es so schrecklich werden könnte? Gerade als ich nämlich dachte der Finger wäre endgültig ab, sehe ich da doch tatsächlich noch einen Stummel der natürlich mit einer letzten dramatischen Ruck-/ Sägebewegung abgeschnibbelt werden muss - MIES! Sarkastischerweise verdient man am Ende der Szene die 'Metzger'-Trophäe - sehr makaber, wenn ihr mich fragt.

Natürlich konnte ich der Versuchung nicht widerstehen das andere Sezierbesteck auszuprobieren und ich bereue es bis heute noch. Ich dachte ja die Säge wäre schon gemein, aber sich den Finger mit einer Schere abzuschneiden ist echt schon pervers...ich meine wer würde sich denn freiwillig für so eine stumpfe und schmerzvolle Methode entscheiden, wenn in der Küche ein super scharfes Sushimesser bereitsteht? Ich natürlich, muahaha.

Und weil ich nicht mehr alle Tassen im Schrank habe und ein äußerst schadenfroher Zeitgenosse bin, habe ich ahnungslosen, japanischen Austauschstudentinnen dieses Kapitel vorgeführt und es mir nicht nehmen lassen, sie dabei zu filmen. Herausgekommen ist eine Art „Reaktionsvideo“ welches der Eine oder Andere sicherlich schon auf Youtube entdeckt hat – Stichwort: 'Two Girls One Cup – Reaction'.



AUDIO-VISUELLER-OVERKILL


Last but not least möchte ich noch kurz auf die Video- und Soundqualität zu sprechen kommen. Gleich zu Anfang auf dem Titelbildschirm merkt man, dass die Musik nicht von irgendeinem 0815-Orchester zusammengetrommelt wurde, sondern Komponist Normand Corbeil (bekannt durch 'The Art of War', 'The Contract') unsere Ohren verwöhnen darf. Allerdings hat mir die Sprachausgabe beim Eigendialog der Charaktere, wenn sie gerade in ihren Gedanken vertieft sind, weniger gut gefallen. An diesen Stellen lässt die Qualität nämlich rapide nach und es hört sich so an, als ob der Monolog über einen" Deutsche Bahn"-Zuglautsprecher aufgenommen wurde.

Im Gegensatz dazu präsentiert sich die Grafik als nahezu makellos. 170 Tage Motion Capturing und insgesamt über 30.000 aufgenommene Zwischensequenzen sprechen eine deutliche Sprache und halten lediglich in Zahlen fest, wie viel Aufwand für die fast perfekten Gesichts- und Charakteranimationen betrieben wurde.

Ich legte ein, handelte und fühlte!

Heavy Rain - Artwork
Die vier Moralapostel: Norman, Ethan, Madison und Scott (von links nach rechts)
Was soll ich sagen? Mittlerweile bin ich ein emotionales Wrack und zu nichts mehr zu gebrauchen, weil mich mein schlechtes Gewissen auf Grund meiner (Fehl-) Entscheidungen von Innen heraus förmlich aufgefressen hat. Nein, ganz so schlimm ist es nicht – ES IST NOCH VIEL SCHLIMMER! Eigentlich konnte ich Adventure-Spielen noch nie sonderlich viel abgewinnen, es sei denn es machte sich ein großes, fettes „ACTION“ vor dem Genre-Titel breit, weshalb ich bei Heavy Rain über meinen eigenen Schatten springen musste – und ich bereue es keine einzige Sekunde!

Der starke Regen hat mich von Anfang an in seine abgrundtiefe, philosophische Pfütze gezogen und bei manch einer Szene wäre ich auch emotional fast an ihr ertrunken. Es sind nicht einfach nur irgendwelche, bedeutungslosen Entscheidungen, die man mit einem einfachen Knopfdruck auslöst, sondern Entscheidungen deren Konsequenzen sich gnadenlos durch die komplette Geschichte ziehen. Teilweise vergaß ich sogar völlig die Tatsache, dass es nur eine bestimmte Anzahl an vorgeschriebenen Enden geben kann und dachte wirklich ich würde meine eigene Interpretation von Heavy Rain digital niederschreiben.

Schuld daran ist ganz klar die beklemmende Leitfrage „Wie weit würdest du gehen...“, welche wie das Schwert von Damokles an einem hauchdünnen Faden über den Köpfen der Spieler hängt und bei jeder moralisch verwerflichen Handlung zu reißen droht. Natürlich bietet Heavy Rain dem Spieler die Möglichkeit sich hinter den vier Charakteren zu verstecken und so seine Taten zu rechtfertigen. Und dennoch bleibt da dieses merkwürdige Gefühl, ein Gefühl welches euch unter Umständen nicht schlafen lässt, ein Gefühl das noch nie so penetrant meine Gedanken wegen eines Spiels durchbohrt hat – auch genannt GEWISSEN!

Und ich bin der festen Überzeugung, dass es noch nie eine bessere Möglichkeit, in Form eines interaktiven Action-Thrillers, gab dieses besagte Gefühl zu erleben. In diesem Sinne: Möge die Philosophie mit euch sein und euch nicht vom rechten Pfad des Kaufs abbringen.

geschrieben von Benda  
am 26.02.2010 um 15:26 Uhr

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